Die Corona-Krise ist allgegenwärtig und bestimmt wie wohl selten zuvor unser aktuelles Alltags-Leben. Viele Seminarteilnehmer und Freunde des Modernen Mentaltrainings fragen aktuell nach, wie man das Ganze angesichts der täglichen Meldungen mental und psychisch bewältigen kann. Vor allem in Zeiten der Unsicherheit ist ein klarer Kopf und ein ruhiger Geist sehr wichtig. Dazu aus gegebenem Anlass einige Impulse und praktische Tipps, um gut durch diese unruhigen Zeiten zu kommen.
…und plötzlich ist alles anders. Gerade einmal wenige Monate ist es her, seit die ersten Corona-Fälle aus China gemeldet wurden. Jetzt erleben wir auch hierzulande eine Krisen-Situation, die wir so in dieser Form noch nie erlebt haben. Das sorgt für Unruhe, Sorge und Angst. Wie soll und kann man ruhig bleiben, wenn die Lage ernst ist? Diese Frage habe ich mehrfach in den letzten Tagen in Telefonaten, emails und Skypegesprächen gehört.
Neben den offiziellen Handlungsempfehlungen wie Abstandhaltung, Körperkontakt-Vermeidung, erhöhte Hygiene, sind in Zeiten der Ungewissheit besonders unsere mentalen und emotionalen Fähigkeiten gefragt. Es gilt trotz großer Herausforderungen gerade jetzt einen kühlen Kopf zu bewahren, psychisch gesund und handlungsfähig zu bleiben. Sicher derzeit alles andere als einfach.
In Krisen wie dieser, befinden wir uns in einem besonderen Ausnahmezustand. Ein wesentliches Kennzeichen der Krisen-Erfahrung ist der erlebte Verlust der Kontrolle über unser Leben, der uns Angst macht. Das, was bisher immer geholfen hat, funktioniert nicht mehr oder nicht in der gewohnten Weise. So fällt es vielen von uns verständlicherweise schwer in diesen Tagen ruhig und „entspannt“ zu bleiben, selbst wenn man Entspannungsverfahren wie z.B. autogenes Training kennt und darin geübt ist.
In Ausnahmesituationen reagiert unser Körper von Natur aus mit Stress. Ein hoher Stresspegel wiederum kann zu unablässigen Gedankenkarussells oder auch Denkblockaden führen. Wir fühlen uns verwirrt, können keinen klaren Gedanken mehr fassen, sind unkonzentriert oder reagieren irrational oder sogar panisch auf die äußeren Geschehnisse. Im Wechselbad der Gefühle, fällt es erst einmal schwer, Ruhe, Halt und Orientierung zu finden. Die viel zitierten „Chancen“ einer Krise können wir im emotionalen Ausnahmezustand meist nicht erkennen, ja viele empfinden solche Sprüche sogar eher als zynisch.
Auch für mental starke und psychisch stabile Menschen, ist diese Krise eine herausfordernde Zeit. Sich Sorgen um die eigene Gesundheit, die der Angehörigen und Freunde zu machen, ist verständlich. Wer sich sehr verunsichert fühlt und um seinen Job, seine Existenz, seine Zukunft bangt, muss sich dafür nicht schämen. Es ist völlig normal und gesund, in solch einer Situation Angst und Sorgen zu haben.
Ängste – statt sie zu unterdrücken - bewusst wahrzunehmen und sie auch offen zu benennen - schon dies hilft, die Situation besser zu meistern. So fanden amerikanische Forscher* heraus, dass das laute Aussprechen bzw. Aufschreiben des erlebten Gefühls (sogen. Affect labeling) relativ rasch zur Selbstberuhigung beitragen kann.
Der Grund: Erleben wir eine starke Emotion, wird in unserem Kopf unsere „Alarmanlage“, die Amygdala aktiviert. Die Amygdala ist der Teil des Gehirns, der intensive Emotionen verarbeitet, einschließlich Angst und Gefahr. Die Amygdala löst dann eine Kaskade von Reaktionen im Körper aus, wie z. B. erhöhte Herzfrequenz, schwitzende Hände und obsessives Denken. Wenn wir der Emotion nun ein Etikett hinzufügen, indem wir sie benennen (z.B. „Da ist Angst spürbar“) beruhigt sich die Amygdala wieder.
Wer in Krisenzeiten unter Strom steht, kann ein weiteres tun, um seinen Stresspegel relativ schnell und mit wenig Aufwand reguliert zu bekommen. So haben Studien** gezeigt, dass Selbstgespräche (sogen. Self-Talk), bei denen man mit sich und von sich in der dritten Person redet, durch die gedankliche und verbale Distanzierung vom eigenen Ich, eine effektive Methode ist, um Emotionen und Stress zu kontrollieren. Man könnte also mit sich selbst bezüglich der erlebten Emotionen so sprechen: „Ok, Du spürst gerade eine große Angst in Dir.“
Wer noch einen Schritt weiter gehen möchte, um konstruktiv mit Ängsten und Sorgen umzugehen, der kann sich die revolutionäre Erkenntnis des antiken griechischen Philosophen Epiktet in Erinnerung rufen. Epiktet, ursprünglich ein Sklave, später ein berühmter Stoiker, setzte sich zeitlebens mit der Frage auseinander: Wie können wir trotz bedrohlicher, schlechter oder einschränkender äußerer Bedingungen in uns innere Freiheit und die sprichwörtliche „stoische Ruhe“ gewinnen? Seine Antwort:
„Es sind nicht die Dinge selbst, die uns beunruhigen, sondern die Vorstellungen und Meinungen von den Dingen.“ (Epiktet)
Übertragen auf die aktuelle Situation heisst dies: Unsere innere Ruhe hängt weniger von der äußeren Situation als von unserer inneren Reaktion darauf ab. Die äußere Situation (also die durch Viren ausgelöste Krise) ist erst mal Fakt. Es wäre gefährlich, diese Situation zu verharmlosen oder zu negieren. Wenn wir, statt über die Umstände zu hadern, die Lage erst einmal so akzeptieren wie sie ist, dann können wir schneller zum konstruktiven, lösungsorientierten Denken zurückkehren. Wir gewinnen inneren Freiraum und Entscheidungskraft zurück und können uns überlegen, wie wir das Beste aus der aktuellen Situation machen können.
Aktuell wird empfohlen, zur Vermeidung von Ansteckungen mit dem Corona-Virus einen körperlichen Abstand zu Mitmenschen von ca. 1,5 bis 2 Metern einzuhalten.
Psychischer Stress lässt sich außerdem durch einen gesunden Abstand zur ständigen Krisenberichterstattung reduzieren. Empfehlenswert ist, den täglichen Medienkonsum (auch über die sozialen Netzwerke) kritisch zu prüfen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO)*** empfiehlt:
Viele Seminarteilnehmer und Freunde des Modernen Mentaltrainings kennen auch noch eine weitere wichtige mentale Fähigkeit, an die ich an dieser Stelle gerne erinnern möchte: Abstand zu den eigenen Gedanken zu finden, indem man sie regelmässig beobachtet. Bekanntlich denken wir über 60.000 Gedanken pro Tag, wobei uns der weitaus größte Teil unseres Denkens nicht bewusst ist. Wir sind „in Gedanken“ und das Bewerten und Interpretieren der äußeren Realität läuft großenteils „auf Autopilot“.
Unser Gehirn ist allerdings auch in der Lage vom Denk- in den Beobachtungs-Modus zu gehen. Wir können innerlich 1-2 Schritte zurücktreten und als Beobachter beim „Denken zusehen". Eine hilfreiche Metapher ist es, sich die eigenen Gedanken wie einen Fluss vorzustellen. Als Beobachter aus dem unablässigen Strom an Stressgedanken zu steigen und sie stattdessen aus sicherer Entfernung vom Ufer aus zu beobachten und vorbeifließen zu lassen, hat nachweislich einen klärenden und beruhigenden Effekt. Wer möchte, kann die folgende mentale Übung für sich ausprobieren. Sie erfordert nur wenige Minuten Zeitaufwand.
Quellen:
* Jared B. Torre, Matthew D. Lieberman: Putting Feelings into Words: Affect Labeling as implicit Emotion Regulation, Emotion Review 10(2)-2018
**Moser, J.S. et al: Third-person self-talk facilitates emotion regulation without engaging cognitive control: Converging evidence from ERP and fMRI. Scientific Reports 7: 4519, 2017
*** World Health Organization: Mental Health and Psychosocial Considerations During COVID-19 Outbreak, mehr Infos auf www.who.int
Gerne begleite ich Sie auch in diesen Zeiten als erfahrener Mental-Coach. Entweder telefonisch oder wenn Sie mich „sehen“ wollen, dann nutzen Sie jetzt die Möglichkeit zum Online-Coaching.
Zur Terminvereinbarung wählen Sie bitte einfach: Tel. 0821-434822
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